Die Zeit rast. Behördengänge, Verträge kündigen, Listen schreiben, Überflüssiges verkaufen, Ausrüstung im Internet bestellen, Rucksäcke packen, Freunde und Familie treffen, Katzen unterbringen. Und dann? Dann ist es endlich so weit. Nach stressigen Wochen und Monaten stehen wir da. Zehn Minuten bevor wir mit meinen Eltern zum Bahnhof aufbrechen sind wir fertig und haben es geschafft. Unser Ziel, Amsterdam und ein Flug über Kiew nach Colombo auf Sri Lanka.
Abfahrt von Zuhause
Die letzten Tage vor unserem Abflug waren anstrengend und haben uns mehr als nur gefordert. Die Verabschiedung von unseren Freunden und der Familie war schwer. Und hier sitzen wir nun, im Zug, todmüde, aber mit klarem Ziel vor Augen. Wir sind voller Vorfreude, aber auch mit gemischten Gefühlen unterwegs. Wir lassen einiges zurück in Deutschland und brechen auf in einen neuen Lebensabschnitt voller Ungewissheiten. Aber gerade das macht es spannend. Die Entscheidung aufzubrechen hat sich lange gezogen. Umso klarer fühlt sich nun unser Weg an.
Schon lange zieht es Steffen und mich immer wieder in die Ferne. Andere Länder, andere Kulturen, fremde Menschen, aber vor allem die Sehnsucht nach Veränderung treibt uns an. Wir sind beide schon viel in der Welt herumgekommen und haben viele Erfahrungen außerhalb von Deutschland gesammelt. Trotzdem ist da immer dieses Fernweh, sobald wir zurück in Deutschland sind und die Zufriedenheit, sobald wir reisen können.
Es fällt uns schwer, die Familie zurückzulassen
Klar fällt es schwer, die Familie zurückzulassen, die Freunde nicht mehr zu sehen und sich von seinem Umfeld zu trennen. Aber es ist ja nicht für immer, sage ich mir und schaue aus dem Fenster in die abendliche Dunkelheit. Warum lassen wir alles zurück? Warum brauchen wir diese Veränderung um uns herum?
Wie alles im Leben ist auch dies eine Entwicklung gewesen. Es gab nicht den einen ausschlaggebenden Moment, nicht den zündenden Gedankenblitz. Nein. Es war eine Entwicklung über Monate und Jahre, an deren Ende nun unsere Reise steht. Im Grunde dreht sich alles um die Entwicklung der eigenen Persönlichkeit. Darum, sich selbst zu lieben, das Leben zu leben und zu lernen. Und das machen wir jeden Tag, jede Stunde, jede Minute.
Wir sind müde – aber mit Yogamatte!
Aber im Moment sind wir einfach nur noch müde. Steffen schläft schon fast im Zug ein. Wir erreichen den Flughafen. Es ist menschenleer, unser Flug geht irgendwann am frühen Morgen. Und so schlafen wir schnell auf unserem provisorischen Nachtlager aus Jacken, Kissen und meiner Yogamatte auf dem Boden ein.
Es ist gut, meine Yogamatte dabei zu haben! Beim Umsteigen in Düsseldorf haben wir sie direkt schon verloren. Als wir den Verlust bemerkten, sahen wir auch schon auf dem anderen Gleis einen Obdachlosen mit unserer Matte durch den Bahnhof spazieren. Völlig aufgebracht bin ich natürlich direkt zu ihm hingelaufen. Ich habe meine Matte sofort und unverzüglich zurückgefordert. Was ich nicht wissen konnte – der arme Mann hat sie auf dem Boden gefunden und sich gefreut, nun eine Unterlage in den kalten Winternächten zu besitzen.
Gut, aber über so was denkt man nicht nach, wenn gerade die Lieblingsyogamatte noch am Rucksack hängt und fünf Minuten später von einem Wildfremden auf dem Arm durch den Bahnhof getragen wird. Da wird mir klar, was für ein Glück wir hatten, dass er sie gefunden hat und uns über den Weg gelaufen ist. Sonst wäre sie weg gewesen. Wir geben ihm Geld für einen warmen Schlafplatz für die Nacht und noch ein bisschen mehr. Wir sind glücklich unsere Matte wieder zurückzuhaben und er freut sich über eine Nacht, in der er nicht frieren muss.
Morgen geht es los in die Welt
Und so liegen wir auf unserer Yogamatte am Flughafen und sind froh, keine Pakete mehr zu versenden, keine Papiere mehr zu sortieren und keine organisatorischen Dinge mehr vor der Brust zu haben. Morgen geht es los in unser Abenteuer, zu unserer Veränderung, zu unserer persönlichen Reise – morgen geht es nach Sri Lanka und danach weiter in die Welt.
Der Abflug
Der Wecker klingelt. Wo sind wir? Ach ja, am Flughafen! Einige Stunden sind vergangen und der Schlaf hat gutgetan. Gemütlich packen wir unsere Sachen zusammen und machen uns auf den Weg in den Flieger. Wir fliegen mit Ukraine International Airlines. Den Flug haben wir erst vor Kurzem spontan nachts um drei Uhr gebucht, nachdem wir etliche Flugseiten im Internet durchstöbert haben.
Die meisten Flüge nach Sri Lanka waren entweder mit drei Mal umsteigen verbunden, zwanzig Stunden Flugzeit oder außerhalb unseres Budgets. Als wir endlich den günstigen Flug mit nur einem Stopover in Kiew entdeckten, waren wir glücklich, euphorisch und voller Tatendrang. Schnell waren unsere Daten eingegeben und die Buchung verbindlich.
Hilfe! – Unsere Fluggesellschaften gehört zu den schlechtesten der Welt
Die Ernüchterung kam danach. Wollten wir nicht noch Weihnachten zu Hause verbringen? Und dann überhaupt – Ukraine? Kiew? Ist das eine gute Idee? Nachdem wir auch noch ein Ranking der schlechtesten Fluggesellschaften im Internet nachgeschaut haben, kam der Schock. Ukraine International Airlines stand dort unter den schlechtesten Fluggesellschaften auf Platz drei.
Ein „So schlimm wird das schon nicht!“ von Steffen machte die Sache auch nicht besser. Oh Gott – damit sollen wir fliegen? Werden wir auf klapprigen Sitzen den Flug in einem Frachtraum zwischen Ziegen und Hühnern verbringen? Werden wir über Kiew abgeschossen? Werden wir abstürzen? Überhaupt … Kiew. Sprengt sich dort nicht jeder mit einem Sprengstoffgürtel in die Luft, sobald wir den Flughafen betreten?
Fragen über Fragen und die eine so an den Haaren herbeigezogen wie die andere. Also erst mal beruhigen, alles wird gut. Aber, was sagen wir unseren Eltern? Ich sehe sie schon vor mir, kreidebleich und sich innerlich von mir verabschiedend, tausend Tode sterbend.
Wir haben die Weichen für Neues gestellt
Und hier sind wir nun. So schlecht sieht das Flugzeug auf den ersten Blick gar nicht aus. Es ist schon etwas älter, aber dafür sauber und die Sitze sind ordentlich. Es gibt Bildschirme. Zwar im Gang, nicht im Sitz … aber hey, wir haben mit der Holzklasse gerechnet. Der Flieger startet, wir sind nicht gleich abgestürzt und wir hören auch keine verdächtigen Geräusche, die vom baldigen Ausfall der Triebwerke künden.
Eine Stewardess verteilt Getränke – Moment! Gibt es Trinken an Bord? Als wenig später unser wirklich leckeres Essen serviert wird, sind wir vollkommen überzeugt: So schlecht ist unsere Fluggesellschaft gar nicht! Wir haben damit gerechnet, nichts zu essen zu bekommen. Aber der Service ist top und kann mit anderen Fluggesellschaften locker mithalten. Nun ist auch die Vorfreude wieder da. Wir fliegen nach Sri Lanka!
Wir haben unser Leben umgekrempelt, die Weichen für Neues gestellt und sind gespannt, was uns jetzt erwartet. So langsam reift die Erkenntnis in uns, dass wir nun in einen neuen Lebensabschnitt starten. Wir sind frei, können tun und lassen, was wir wollen – und das ist ein großartiges Gefühl.
- Flug von Amsterdam nach Sri Lanka
Stopover in Kiew
Nach all den Befürchtungen, die ich bezüglich Kiew gehegt habe, sind wir von Unheil verschont geblieben. Unser Flugzeug hat Verspätung und unsere Zeit für den Stopover verkürzt sich rasant von zwei Stunden auf zehn Minuten. Also raus dem Flieger, dem hektischen Winken der Flugbegleiter am Flughafen folgend, zum nächsten Gate rennen.
Ich werde bei der Durchleuchtungskontrolle, ohne kontrolliert zu werden, durchgewunken. Steffen hat da mehr Pech und muss alle Sachen wieder auspacken, weil die Mitarbeiter nicht mitbekommen haben, zu welchem Flug er muss. Alles wieder zusammenpacken und weiter. Puh! Wir haben es geschafft und sitzen im nächsten Flugzeug. Wir haben quasi nichts von Kiew gesehen. Schade eigentlich …
- Stopover in Kiew
- Verschneite Berge über der Türkei
Unsere Ankunft in Colombo
Wir sind da! Völlig müde, aber gut gelaunt steigen wir aus dem Flugzeug. Es ist Nacht. Wir können es noch gar nicht ganz fassen. Wir laufen über sri-lankischen Boden und lassen die Eindrücke auf uns wirken. Da ein paar Läden, hier ein paar Süßigkeiten, Geldautomaten, Waschmaschinen … hä? Waschmaschinen? Im Flughafen?
Ja, tatsächlich. Wer möchte, kann sich hier Trockner, Waschmaschinen und ähnliche Haushaltshelfer besorgen. Brauchen wir aber nicht und passt auch nicht mehr in unsere Rucksäcke. Also geht’s weiter, auf zum Kofferband, Gepäck einsammeln und schnurstracks Richtung Ausgang. Hier sind einige Taxifahrer, die uns am liebsten alle mitnehmen würden.
Aber wir haben bereits einen Flughafentransfer von unserer Unterkunft organisieren lassen, um nicht mitten in der Nacht müde und schwer bepackt um Preise verhandeln zu müssen. Wir gehen aus der Flughafenhalle ins Freie und halten Ausschau nach unserem Fahrer. Die Nacht ist schwül und warm, ganz anders als in Deutschland. Nach kurzem Warten findet der Fahrer uns auch schon und lädt uns ohne viel Aufhebens ein. Gesprächig ist er irgendwie nicht. Wir allerdings auch nicht mehr.
Nun sind wir also hier. Auf Sri Lanka. Alles ist dunkel und wir sehen eigentlich nicht wirklich viel von unserer Umgebung und den vorbeiziehenden Straßen. Zudem sind wir viel zu übermüdet, sodass uns die Augen bei der Schaukelei im Auto fast zufallen.
Unser Guesthouse
Talking Hands steht über der Eingangstür. Was auch immer das bedeuten mag. Der Name unserer Unterkunft ist Thusare House* und sie liegt in einer dunklen Seitengasse mitten in Colombo. Unser Fahrer hilft uns mit dem Gepäck und wir stehen zunächst im Dunkeln vor geschlossenen Türen. Ein Zettel hängt an der Tür und ein Schlüssel ist dabei. Unser Zimmer liegt im ersten Stock. Wir geben uns Mühe, leise zu sein und schleichen mit unserem Gepäck die Treppe nach oben.
Es gibt nicht viele Zimmer. Wir öffnen die Zimmertür und hier ist sie nun, unsere Unterkunft für die ersten drei Nächte. Gar nicht mal so schlecht. Mit günstigen Hotelzimmern ist das immer so ein Glücksspiel. Wir suchen sie meist im Internet und lassen uns von Fotos, Bewertungen, Ausstattung und Lage leiten. Mittlerweile haben wir ein geschultes Auge für Zimmerfotos und können oft recht gut einschätzen, was uns erwarten wird. Aber man weiß halt nicht immer. Schimmel, Dreck und Co. kann man nicht im Vorfeld feststellen. Und die Fotos der sri-lankischen Unterkünfte waren oft sehr bunt, die Ausstattung meist etwas einfacher.
Überglücklich fallen wir ins Bett
Diesmal haben wir jedoch Glück. Unser Zimmer ist groß und sauber, wir haben einen Schrank, das Internet funktioniert und sogar ein kleiner Balkon ist dabei, wenngleich auch nur mit Aussicht auf den winzigen Hinterhof des Nachbarhauses. Lediglich das Bad ist etwas rudimentärer, ein Gemeinschaftsbad mit kaltem Wasser. Wir teilen es uns mit noch einem Zimmer und einer Kakerlake. Aber hey, es gibt Schlimmeres. Überglücklich, endlich angekommen zu sein, fallen wir ins Bett. Mein letzter Gedanke, bevor mir die Augen zufallen, gilt unseren Liebsten zu Hause im fernen Deutschland. Dann schlafen wir ein.
Bist auch schon einmal zu einer lange Reise aufgebrochen? Wie hast du dich dabei gefühlt? Lass es uns gerne wissen und schreibe uns deine Gedanken in die Kommentare!
Du willst wissen, wie die Geschichte weitergeht? Schau dir unseren Beitrag an:
Oder schau dir unser Video an, wie unser Flug nach Sri Lanka war.
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Martina
Es macht immer wieder Spaß zu lesen uns zu stöbern. Überall auf eurer Seite findet man etwas Neues, kann immer mehr Einzelheiten entdecken. Wirklich gut gelungen, ihr Beiden.
Farina
Ganz lieben Dank, da freuen wir uns sehr drüber!
Alexander Möller
Hallo Ihr, echt tolle Seite. Wahnsinnig gut geschrieb und interessant aufgearbeitet mit schönen Bilder. Werd mich mal durchlesen 🙂 Liebe Grüße und allzeit gute Reise Alexander Möller
Steffen
Hallo Alexander,
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Liebe Grüße Steffen